Es freut mich, dass endlich einmal eine betroffene Schülerin über das G8 schreibt.
Was ist G8 eigentlich? Heißt dieses Kürzel eventuell „Gebt Acht (Schüler)“? Na, gut.
Prämissen:
Ich habe Jahrzehnte lang Oberstufenmathematik unterrichtet. Da ich auch Informatik studiert hatte, wurden die PC auch im Mathe-Unterricht eingesetzt. Dazu hatten wir 4 vernetzte PC-Räume, auch mit Beamer! In jedem Klassenraum war ein PC mit spezieller Software, für alle Fächer. So konnten unsere Schüler/Lehrgangsteilnehmer in den Pausen und nach Schulschluss üben. Es ist doch wohl außer Frage, dass gerade auf dem Gebiet der gebrochen rationalen und der transzendenten Funktion die Anschauung des Graphen mit möglichen Änderungen der Parameter den Schülern hilft. Auch können sie ihre Ergebnisse auf ihre Richtigkeit überprüfen (Derive, Matheass als Freeware, Funk vom Klett-Verlag).

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Letztes Jahr, Ende September, rief mich ein ehemaliger Schüler an und bat mich um Hilfe, seine Tochter befinde sich neuerdings in einer Schule mit G8. Sie brauchte tatsächlich Hilfe. Also suchte ich meine Unterlagen, die ich für meine Schüler angefertigt hatte, wie Kurvendiskussion (4 Seiten) und spezielle Beweise, etc…
Ich stellte mich also darauf ein, dass die Schülerin, die sich am Anfang der 11. Klasse befand, sich möglicherweise mit dem Thema Kurvendiskussion zu befassen hatte. Umso größer war mein Erstaunen als ich feststellte, dass sie die Differentialrechnung schon hinter sich hatte und über der Integralrechnung brütete. Ich fragte sie, ob sie auch schon Extremalrechnung gelehrt bekommen hatte – kannte sie nicht. Dann wollte ich, dass sie eine Gleichung 3. Grades ohne ganzahlige Nullstellen mit Hilfe des Hornerschemas und der Newton-Iteration bestimmen sollte – hatte sie noch nie gehört. Das brauchte sie auch nicht, denn massenweise tauchten e-Funktionen in den Aufgaben auf. Also f(x)=e^x und f’(x)=e^x. Warum ist das so?
Natürlich wollen wir nicht zurück zur alten Lateinschule des 19. und 20. Jahrhunderts, die treffend Ludwig Thoma in seinen Lausbubengeschichten charakterisiert hatte (ich meine nicht die unseligen, typisch Deutschen Pennälerfilme, wo die Lausbubengeschichten und die Filserbriefe verschwurbelt wurden). Muss nicht sein.
Aber viele Schüler und Schülerinnen zwangsweise zu überfordern, das sollte auch nicht sein.
Konklusion:
Das G8 gleicht eher einer invitatio ad offerendum: Eine Einladung ohne Erfolgsgarantie.
Natürlich entsteht hier wahrscheinlich wieder eine alte Diskussion:
Wozu brauchen wir Mengenlehre (und Aussagenlogik)? "In Baden ist sie schon abgeschafft". Das Gymnasium braucht das Wissen schon, auch wegen der verkürzenden Nomenklatur (Für alle und b aus der Mende der reellen Zahlen gilt: a mal b ist Null ist gleichbedeutend mit a ist Null oder (vel) b ist Null oder a und b sind Null, geht viel kürzer). Wozu braucht der Gymnasiast Kenntnisse darüber, wie groß ein Pferch werden kann, bei vorgegebener Drahtlänge und auch noch mit einer Mauer versehen? Es sei denn, er würde Bauer oder Schäfer. Wozu braucht ein Jurist Kenntnisse über Wirtschaftsmathematik (Break-Even-Point, Gewinnlinse, Maximalgewinn, wann, ...). Wenn dem so wäre, könnten wir unsere Schüler spätestens nach der 2. Klasse ins Berufsleben schicken. Wie ist das eigentlich rechtlich, wenn ein 17. jähriger oder eine 17. jährige das Abitur hat?
Ich muss noch was dazufügen:
Das G8 umfasst insgesamt 12 Klassen. Die Fachhochschulreife (Technik, Sozialwesen, Verwaltung und Wirtschaft (dazu kommt meistens der Staatlich geprüfte Betriebswirt) umfasst ebenfalls insgesamt 12 Klassen.
Frage also, haben diese 12-Ender nun auch die allgemeine Hochschulreife? Sie haben gleichviel Stoff absolviert!